Buchfink

Ach, es gäbe so einiges zu erzählen…. denn, wenn der Virenkrieg tobt, tobt so manches andere mit.

Und wenn dann noch die Küche komplett ausgebaut ist in Erwartung des baldigen Einbaus der neuen und manches dafür eigentlich noch erledigt werden muss….

Und wenn dazu die neuen Fenster von innen noch nach Rohbau aussehen…

Und wenn dann auch noch der Heißwasser-Durchlauferhitzer seinen Geist aufgibt….

Und wenn man dann noch liebevolle Hilfsangebote wegen Ansteckung vertagen muss….

Und wenn dann Stressbewältigungsmechanismen nicht kompatibel sind…

Dann besinne ich mich jetzt ganz bewusst auf mein Erlebnis von heute morgen:

Während ich das Schlafzimmer wieder zur “Regenerations-Oase” umbaute, hörte ich, wie etwas gegen die eben grade von mir geschlossene Terrassentür flog. ” O nein, ein Vogel!”, schoss es mir durch den Kopf. Und ich schaute nach draußen. Tatsächlich, ein Buchfink lag fast auf dem Rücken, neben der Tür, zappelte mit den Beinen und zwinkerte noch. Tiefes Mitleid erfasste mich. Ich öffnete die Tür, nahm den kleinen Vogel ganz vorsichtig auf die eine Hand und setzte mich auf die Stufe in der offenen Tür. Mit der anderen Hand bildete ich eine Höhle über dem Vogel, um ihn ein wenig vor dem Wind und dem kurz einsetzenden Hagel zu schützen.

Was mir alles durch den Kopf ging! Minutenlang saß ich da und hoffte, dass die Wärme meiner Hände dem kleinen Vogel mehr sagen würde als meine leisen Worte. Ein-, zweimal nahm ich die obere Hand zur Seite, aber der Vogel flog nicht davon, schaute mich nur an.

“Wenn er jetzt stirbt, dann wenigstens nicht schutzlos auf der Erde”, dachte ich und schüttelte im gleichen Moment den Kopf über mich selbst: der kleine Vogel würde meine großen Hände und meine Nähe sicher nicht als “Schutz” empfinden…

Als ich nach einer Weile die obere Hand wieder zur Seite nahm, zögerte der Vogel noch einen Augenblick – und flog dann auf den drei Meter entfernten Gartenzaun. Er landete zwar noch etwas wackelig, aber er war geflogen! Vielleicht eine halbe Minute lang sahen wir uns noch unverwandt an, dann verschwand er im Buchsbusch am Zaun.

Hoffentlich hat er sich wieder ganz berappelt!

Ich muss mir also unbedingt etwas einfallen lassen, was ich ins Fenster der Terrassentür hängen kann, um die Spiegelung zu unterbrechen.

Und dann ertappe ich mich bei dem Gedanken: “Bestimmt ist das jetzt einer von denen, die ihren Freunden von ihrem Nahtod-Erlebnis, von einer großen Hand, von Wärme, die Angst auflöst und von der Rückkehr ins Leben erzählen!”…… O nein, manchmal muss  ich einfach über mich selber lachen!

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